Magic Future Money - Geschichte Nr. 13

Apollo 13

Apollo 13

Donnerstag, 10. April 2070

Der Anruf kam für mich völlig überraschend.

Ich war aus dem Mittagsschlaf hochgeschreckt, hatte mit einiger Verzögerung die grüne Telefontaste gedrückt und sah jetzt auf dem Bildschirm einen sympathischen Mittdreißiger.

„Spreche ich mit Rudolf Aloisius“?

„Ja, am Apparat. Und worum geht es“?

„Hier ist Mike Jansen. Ich bin Rundfunkjournalist bei Radio History. Wir suchen einen Zeitzeugen für die große Covid-19-Pandemie von vor 50 Jahren und die Zeit danach. Nach unseren Informationen müssten Sie jetzt 80 Jahre alt sein, die Pandemie also im besten Alter erlebt und überlebt haben. Würden Sie uns für ein Interview zur Verfügung stehen“?

„Hmm, wissen Sie, ich habe schon manchmal einige Schwierigkeiten mit meinem Gedächtnis. Darf ich um eine Woche Bedenkzeit bitten? Ich würde versuchen, in dieser Zeit einige alten Unterlagen durchzusehen. Vielleicht finde ich etwas Verwertbares und meine Erinnerungen frischen sich ein wenig auf“.

„Ja, das wäre machbar. Wir stehen nicht unter Zeitdruck. Ich würde mich dann am nächsten Donnerstag wieder bei Ihnen melden.“

„Ja, das ist in Ordnung. Bis dann, auf Wiederhören.“

„Ja, bis dann.“

Der Rundfunkjournalist hat mich ein wenig unruhig gemacht. Habe ich die alten Unterlagen wirklich noch aufgehoben? Ganz sicher bin ich mir da nicht. Und wo sind sie?

Ich beschließe, erst einmal den obligatorischen Nachmittagsspaziergang zu machen. Leider alleine, denn meine Frau hat sich vor ein paar Tagen einen komplizierten Beinbruch zugezogen, als sie bei einem April-Schneeschauer auf einer glatten Baumwurzel ausgerutscht war.  Sie muss noch einige Tage im Krankenhaus verbringen.

Während des Spazierganges vibriert mein Sozialchip im rechten Handrücken. Nichts Schlimmes, nur eine Erinnerung, dass ich nächste Woche einen Chip-Überprüfungstermin wahrnehmen muss.

Gleich morgen nach dem Frühstück werde ich nach den alten Unterlagen suchen.

Freitag, 11. April 2070

Nach dem Frühstück ziehe ich mir warme Sachen an und mache mich im nicht beheizten Bereich der Wohnung auf die Suche nach den Unterlagen aus den 20er Jahren. Ich meine mich zu erinnern, dass ich nicht nur Zeitungsausschnitte zu Covid-19 sondern auch zum „allgemeinen Zustand der Welt“ gesammelt hatte. Denn ich war bald nach Ausbruch von Corona überzeugt gewesen, dass die Welt nach Ende der Pandemie eine andere sein würde oder werden würde.

Wenn die Unterlagen noch da sein sollten, müsste ich sie in mehreren schwarzen Aktenordnern finden. Aber wo sind diese? Eigentlich kommen nur die Abstellkammer und der kleine Durchgangsraum zur Terrasse in Betracht.

Auf Anhieb kann ich in beiden Räumen nichts entdecken. Im Regal im Abstellraum stehen allerdings zwei alte Weinkartons. Meine Frau und ich hatten uns über Jahre Rotweine von einem Weingut am Großräschener See im Lausitzer Seenland kommen lassen. Das geschah auf Empfehlung eines ehemaligen Arbeitskollegen meines Vaters, der unweit der Weinhänge in der Nähe von Senftenberg aufgewachsen war.

Mal sehen, ob die Ordner in den Kartons zu finden sind?

Der erste Karton ist ziemlich leicht. Neben alten Kasperlepuppen, mit denen wohl unsere Enkel gespielt hatten, entdecke ich eine kleine Holzkiste. Meine Ahnung zum Inhalt bestätigt sich: Es sind Reste meiner Mineraliensammlung. Mein Vater, der Mineraloge war, hatte mir manchmal von Dienstreisen das eine oder andere Stück mitgebracht. Nichts Besonderes oder Ausgefallenes, aber schön anzuschauen. Ich freute mich damals über jedes neue Mitbringsel. Später hatte ich vieles aus der Sammlung an meine Enkel verschenkt.

Mein Vater hatte bis zur Auflösung der Akademie der Wissenschaften (der DDR) im Jahre 1992 am Zentralinstitut für Physikalische Chemie in Berlin-Adlershof gearbeitet. Etwas später nahm er eine Arbeit an der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover an. Zum Glück befand sich seine Arbeitsstätte bei der Deutschen Rohstoffagentur im Dienstbereich Spandau, so dass wir in Berlin wohnen bleiben konnten.

Der zweite Karton ist ordentlich schwer. Tatsächlich enthält er vier schwarze Ordner. Sie sind sogar mit den Ziffern von 1 bis 4 beschriftet.

Mir wird langsam kalt und ich trage den Ordner 1 ins Wohnzimmer, das im Warmbereich der Wohnung liegt.

Gleich wird mein Nachbar klingeln und so werde ich wohl erst heute Nachmittag in den Ordner schauen können.

Ich komme dann aber viel später als gedacht zurück.

Mein Nachbar, Dr. Pete Hammet, ein Allgemeinmediziner, hatte mich zum Essen im „Stadtteil-Zentrum“ abgeholt. Nach einer mehrtägigen Dienstreise nach Brüssel und Paris hat er heute einen freien Tag.

Pete wusste viel von einer Tagung in Paris zu erzählen. Besonders schwärmte er von den Ergebnissen mehrerer Studien zum Gesundheitszustand der Bevölkerung in der Vereinigten Europäischen Union. In jeder Altersgruppe seien die Krankheiten, vor allem die Zivilisationskrankheiten, deutlich und zum Teil sogar drastisch zurückgegangen. Die Gesundheitssysteme könnten Jahr um Jahr kostengünstiger arbeiten. Die Tagungsteilnehmer waren sich einig gewesen, dass die Maßnahmen von „European Green Deal“ immer stärker greifen würden und die Menschen jetzt die Früchte der vermeintlichen Einschränkungen ernten würden. Denn auch Umfragen zum Glücklichsein wiesen nur in eine Richtung, nämlich nach oben. 

Nach dem Mittagessen hatte ich mich von Dr. Hammet verabschiedet, im „Zentrum“ noch für gut eine Stunde den Schlafraum genutzt und dann in der Bibliothek in die neuesten wissenschaftlichen Zeitungen geschaut.

Auf dem Weg zum Ausgang war ich am Kinobereich des „Zentrum“ vorbeigekommen. Auf dem Monitor am Kinosaal 3 war zu lesen, dass genau heute vor 100 Jahren die NASA-Mondmission „Apollo 13“ gestartet worden war. Aus diesem Anlass würde heute der gleichnamige amerikanische Film von 1995 zu sehen sein. Den musste ich mir unbedingt noch einmal anschauen.

Der Film hatte die dramatische, aber letztlich erfolgreiche Rückholaktion dreier amerikanischer Astronauten, die sich in einem Raumschiff auf dem Weg zum Mond befanden, zum Inhalt. Beginnend mit den Worten „Houston, wir haben ein Problem“ meldet einer der Männer eine Explosion, durch die fast die gesamte Energieversorgung an Bord des Raumschiffes lahmgelegt worden war. Letztendlich gelang es, die Astronauten unbeschadet zur Erde zurückzuholen. Aber nur, weil neben anderen Maßnahmen, der Energieverbrauch im Raumschiff auf das äußerste Minimum heruntergefahren worden war. Dabei wurde um jedes Watt gerungen.

Samstag, 12. April 2070

Nachdem ich gefrühstückt und mit meiner Frau, die so schnell wie möglich nach Hause möchte, telefoniert habe schlage ich endlich den ersten Ordner auf.

Tatsächlich ist er mit Zeitungsausschnitten zur Covid-19-Pandemie von 2020 bis 2023 gefüllt.

Die heute unter Fünfzigjährigen haben diese Pandemie nicht selbst erlebt bzw. werden keine Erinnerung mehr daran haben und auch bei den Älteren wie mir geraten die damaligen Ereignisse in Vergessenheit. Um mich auf das mögliche Interview mit dem Rundfunkjournalisten Mike Jansen vorzubereiten, beginne ich, die gefundenen Zeitungsartikel durchzusehen. Zum Glück sind sie chronologisch geordnet. Manches überfliege ich, anderes schaue ich mir genauer an. Ab und an mache ich mir Notizen.

Eigentlich begann, wie aus dem Namen Covid-19 hervorgeht, die Krankheit schon 2019, nämlich in Wuhan in China. Richtig wahrgenommen haben wir sie hier in Europa aber erst 2020, als die ersten Krankheitsfälle bei uns auftraten. Letztendlich gab es weltweit mehrere Millionen Todesfälle.

In den ersten Artikeln tauchen in den Überschriften die Begriffe Übertragungswege, Superspreading, Lungenversagen, Intensivbetten, Lockdown, Inkubationszeit, Fallzahlen, WHO-Studie, Robert-Koch-Institut, Schutzmasken, Homeoffice, Schulschließungen, Meldepflicht, Todeszahlen, Impfstoffzulassung usw. auf.

2021 kommen dann Impfzentren, Schnell- und Selbsttest, Herdenimmunisierung, Politikversagen etc. hinzu.

2022 gab es weltweit neue Virusvarianten. dann in Deutschland und Europa nur noch wenige Neuerkrankungen und ab Sommer 2024 war die Pandemie hier vorüber. In Asien (besonders in China), Amerika und Afrika kam es allerdings immer wieder zu Neuausbrüchen.

Unterbrochen hatte ich meine Arbeit nur mittags durch den Gang zum „Zentrum“ und den anschließenden Mittagsschlaf zu Hause.

Jetzt ist es 18.30 Uhr. Ich bin erschöpft und werde nach dem Abendessen wohl gleich ins Bett gehen.

Sonntag, 13. April 2070

Gerade habe ich gefrühstückt. Um 10 Uhr will ich einen Gottesdienst besuchen. Ich habe nur 15 Minuten Fußweg zur Franziskus-Kirche.

Dieser neoromanische Bau gehörte früher zur Evangelischen Landeskirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Vor drei Jahren, zum 550. Jahrestag der Reformation, hatten sich die christlichen Kirchen endlich auch offiziell vereint. Für die Verwaltungseinheiten war nun wieder der vorreformatorische und in der katholischen Kirche beibehaltene Begriff „Bistum“ gebräuchlich. Die neuen Bistümer waren, auch wenn historische Grenzen gegen Widerstände verschoben werden mussten, aus verwaltungstechnischen Gründen den Grenzen der Bundesländer angepasst worden.  

Nach dem Kirchbesuch laufe ich bei schönstem Frühlingswetter den Weg durch die „Wildnis“ zum „Zentrum“. Die „Wildnis“ ist eines der vielen Berliner Rückzugsgebiete für Tiere und Pflanzen, die in Kulturlandschaften nicht überleben könnten. Im Zusammenhang mit „European Green Deal“  war vom Berliner Senat beschlossen worden, alle Kleingartenanlagen sowie andere freien Flächen, ausgeschlossen Parkanlagen und Sportplätze, nach und nach in Wildnisgebiete umzuwandeln. Ausschlaggebend war u.a. auch, dass die Mehrheit der Gartenpächter kein Obst und Gemüse und keine oder wenig insektenfreundliche Pflanzen angebaut hatte. Durch große Rasenflächen, Badebecken und Koniferenbepflanzungen war vielen Gärten eine gewisse Ähnlichkeit mit Freibädern oder Friedhöfen nicht abzusprechen gewesen.

Im „Zentrum“ bin ich mit meinem Sohn zum Mittagessen verabredet. Seine Frau ist als Ärztin im Bereich der diagnostischen Radiologie in einem Krankenhaus angestellt und hat heute Bereitschaftsdienst. Die Auswertung von Aufnahmen der unterschiedlichsten bildgebenden Verfahren kann sie von Hause aus vornehmen.

Wir finden im gastronomischen Bereich des „Zentrum“ einen freien Tisch. Nach dem Zusammenstellen unserer Menüs (Vorspeise, Hauptgang, Nachtisch, Getränk) für das Mittagessen und des heutigen Abendbrots und des morgigen Frühstücks lösen wir mit dem Einlegen der rechten Hand in einen horizontalen Schacht im Terminal die Bestellung aus. Wichtig ist, dass die Fingerkuppen gut aufliegen, damit das biometrische System die Identifikation des Bestellers vornehmen kann. Gleichzeitig wird vom Sozialchip im Handrücken der Energieinhalt des bestellten Essens abgebucht. Mir stehen z.B. als Mann in der Altersklasse „65 Jahre und älter“ täglich 8370 kJ zu, meinem Sohn in seiner Altersklasse 9200 kJ. Alles darüber hinaus wird vom Mikrochip nicht akzeptiert. Dieser blockiert zudem die Bestellung von mehr als zwei Fleischgerichten pro Woche.

Durch körperliche Betätigung kann die Energiemenge für das Essen auf dem Sozialchip erhöht werden. Ein Körpersensor erfasst und überträgt diese „zuverdiente“ Energie auf den Chip. Außerdem werden Blutzucker- und Blutdruckwerte zu gewissen Zeiten gemessen und gespeichert.

Jeder Hausarzt hat bei einem Arztbesuch Zugriff auf den Chip und kann die gespeicherten gesundheitsrelevanten Daten einsehen und, natürlich mit Einverständnis des Patienten, bei Krankheiten (Laktose- oder Fruktoseintoleranz, Diabetes, Bluthochdruck usw.) bestimmte Essenszutaten sperren lassen.

Nach einer Weile wird das bestellte Essen an den Tisch gebracht. Frühstück und Abendbrot kann ich heute Abend beim Concierge in unserem Haus abholen. Das hatte ich so am Terminal eingegeben.

Mein gemischter Vorspeisesalat ist frisch und knackig und auch das gewählte Dressing passt gut und kommt ganz ohne Zucker oder Zuckerersatzstoffen aus. Als Hauptgang habe ich eines meiner Lieblingsessen in diesem „Zentrum“, Gemüsebrätling im Eimantel, und als Nachtisch gemischte Johannisbeeren mit Joghurt gewählt. Mein Sohn lässt sich Möhren/Apfelsalat, Putengeschnetzeltes und Rote Grütze schmecken.

Zum Essen trinken wir beide ein kleines Bier. Die Auswahl an Getränken ist nicht groß: Leitungswasser, Gemüse- oder Fruchtsaft und als alkoholische Getränke Bier oder Wein. Die alkoholischen Getränke sind allerdings auf drei Glas pro Woche limitiert.

Nach dem Mittagessen machen wir im Krankenhaus einen Besuch am Krankenbett meiner Frau. Sie freut sich uns zu sehen und über die Aussicht, in ein paar Tagen entlassen zu werden. Die Freude ist auch ganz auf meiner Seite.

Mein Sohn und ich laufen noch ein Stück Weg gemeinsam. Er erzählt von den Enkeln, die in Leipzig bzw. in der Normandie leben.  

Zu Hause muss ich mich ein wenig hinlegen. Dann hole ich mir beim Concierge mein Abendbrot und das morgige Frühstück ab.

Es war ein schöner und ruhiger Tag heute gewesen. Ich hatte meine Frau und meinen Sohn getroffen und mich relativ viel an der frischen Luft bewegt.

In „European Green Deal“ wird empfohlen, den Sonntag oder einen anderen arbeitsfreien Tag als „Tag der Entschleunigung“ zu sehen. Ich war schon immer bemüht, dem jahrtausendealten Rat, der den Menschen auf einer Steintafel übergeben worden war, zu folgen: „Du sollst den Tag des Herrn heiligen“. 

Montag, 14. April 2070

Der zweite Ordner hat im eigentlichen Sinn nichts mit der Corona-Pandemie zu tun. Die ausgeschnittenen Artikel dokumentieren ökologische und gesellschaftliche Probleme jener Zeit, an deren Lösung unbedingt gearbeitet werden musste.

Von einigen Artikeln schaue ich mir nur die Überschriften an, andere lese ich gründlicher und bin überrascht, wie sich langsam wieder ein Bild der damaligen Zeit aufbaut.

Ich mache mir Notizen. Ob sich der Rundfunkjournalist auch für diese Dinge interessieren wird:

Klimawandel, Weltklimaabkommen, Erlahmen des Golfstroms, Ökologische Landwirtschaft, Monokulturen, Überdüngung, Artensterben, Soziale Ungleichheiten, Bedingungsloses Grundeinkommen?

Im „Zentrum“ ruhe ich nach dem Essen ein wenig aus und lasse dann im Service-Bereich meine beiden Mikrochips im rechten Handrücken checken. Der Arbeitschip ist in Ordnung; beim Sozialchip muss ein Mikroakku gewechselt werden.

Zu Hause geht es mit dem zweiten Ordner weiter.

War das damals wirklich so? Rund ein Drittel (1,3 Milliarden Tonnen) der weltweit produzierten Lebensmittel, so finde ich in einem Ausschnitt aus einem Magazin, landen im Müll. Von diesem Drittel kommen 57,4 Prozent aus Privathaushalten.

In einem Artikel aus einer Apothekenzeitschrift lese ich: „In Fernsehen und Internet sehen Kinder in Deutschland laut einer wissenschaftlichen Studie pro Tag durchschnittlich 15 Werbespots für ungesunde Lebensmittel (Süßigkeiten, Fast Food)“.

Andere Meldungen von damals: „Seit Amtseinführung des Präsidenten Bolsonaro wird in Brasilien zunehmend mehr Regenwald abgeholzt, um Anbaufläche für Soja zu gewinnen. Mit diesem Futter werden in Deutschland in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen Schweine gemästet und dann als billiges Fleisch nach China exportiert. Mit der Gülle wird unser Grundwasser verschmutzt“, „Die billigen Lebensmittel sind im Ergebnis sehr teuer, weil die Umweltschäden und die hohen Folgekosten für die Gesundheitssysteme nicht eingepreist sind“, „70 Prozent des angebauten Getreides werden, trotz Unterernährung vieler Menschen v.a. auf dem afrikanischen Kontinent, als Tierfutter verwendet. Um ein Kilogramm Rindfleisch zu produzieren werden vier bis acht Kilogramm Getreide benötigt. Berücksichtigt werden müssen auch der riesige Wasserverbrauch (15.000 Liter Wasser pro Kilogramm Rindfleisch) und der Ausstoß von Treibhausgasen“, „Monokulturen: Obwohl es weltweit rund 7000 Arten von Saatgut und 40 Arten von Nutztieren gibt, konzentriert sich die Agrarindustrie auf immer weniger Arten. Die Biodiversität schwindet“ und „Derzeit fördern wir in der EU mit ca. 300 Euro pro Hektar, unabhängig vom Anbau, vor allem eine industrielle Landwirtschaft. Wir müssen die Subventionen zukünftig an Ökodienstleistungen anbinden und eine Landwirtschaft, die auf Biodiversität setzt, das Wasser nicht belastet und weniger Düngemittel einsetzt, fördern“. 

Ich finde auch eine Rezension zu Robert Habecks 2021 erschienenem Buch „Von hier aus anders“. Habeck war damals Co-Chef der Grünen, einer Ökopartei, die sich später wegen Genderstreitereien gespalten hatte. Er stellt einen politischen Entwurf zu den wirtschaftlichen und kulturellen Herausforderungen der Zeit vor. Seine Ausgangsanalyse ist die, dass dem Aufstieg eines Teils der Bevölkerung durch Bildung, Globalisierung und Liberalisierung der ökonomische und insbesondere auch kulturelle Abstieg des anderen Teils entspricht.

Das gelieferte Abendessen mache ich mir im „Universal Hightech Warmer and Cooler“, der in eine kleine Essenszeile im Wohnzimmer integriert ist, warm und koche einen Tee. Früher, so erinnere ich mich, gab es in den Wohnungen Küchen mit Koch- und Backherden, weil die Mahlzeiten weitgehend zu Hause zubereitet wurden. Seit „European Green Deal“ sind Küchen überflüssig. 

Dienstag, 15. April 2070

Heute ist ein regnerischer Tag und ich beschließe, auf einen Besuch im „Zentrum“ zu verzichten.

Nach dem Frühstück gehe ich zum Concierge hinunter. Bei ihm kann ich die leeren Frühstück/Abendbrot-Boxen abgeben und mir am Terminal Mittag- und Abendessen und das morgige Frühstück bestellen. Alles zusammen wird dann gegen halb eins vom „Zentrum“ geliefert. Der Concierge händigt mir auch gleich das vom Waschsalon abgegebene Paket aus. Nach einem kurzen Plausch kehre ich in die Wohnung zurück.

Heute nehme ich mir den dritten Ordner zur Durchsicht vor. Er ist nicht so dick und enthält handgeschriebene Aufzeichnungen von mir aus dem Jahr 2039. Kurz vor seinem Tod habe ich mehrere Tage jeweils für 30 bis 60 Minuten am Krankenbett meines Vaters gesessen. Er erzählte mir Dinge aus den Jahren 2022 bis 2025, über die eigentlich Stillschweigen vereinbart worden war.

Nach seinem Studium hatte mein Vater ein paar Jahre als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentralinstitut für Physikalische Chemie der Akademie der Wissenschaften (der DDR) gearbeitet. Hier lernte er die Physikerin Angela Merkel und den Chemiker Joachim Sauer, die später geheiratet hatten, kennen. Er war bis zu seinem Tod mit ihnen befreundet.

Nach der politischen Wende und dem Beitritt der DDR zur BRD schlug Angela Merkel eine politische Laufbahn ein, während Joachim Sauer den Naturwissenschaften treu blieb.

Nachdem Angela Merkel Bundesministerin für Familie und später für Umwelt war, wurde sie dann Generalsekretärin der CDU und von 2000 bis 2018 Vorsitzende der CDU sowie von 2005 bis 2021 Kanzlerin der BRD. Als sie 2018 vom Vorsitz der CDU zurück trat war klar, dass sie für eine nächste Kanzlerin-Kandidatur nicht mehr zur Verfügung stehen würde.

Auf die Fragen von Journalisten und Reportern nach ihrer Zukunft lächelte sie immer nur und meinte sinngemäß, dass sich keiner Sorgen machen müsse. Ihr würde schon etwas einfallen.

Von meinem Vater hatte ich erfahren, dass Angela Merkel zu diesem Zeitpunkt längst wusste, was ihre nächste Aufgabe sein würde: Zusammen mit ihrem Mann und anderen Vertrauten wollte sie, abgeschirmt von der Öffentlichkeit, an einem großen Projekt zur europäischen Zukunftsgestaltung arbeiten. Ihr war im Laufe der Jahre als Politikerin klar geworden, dass es nicht möglich sein würde, mit allen europäischen Regierungschefs zu einem weitreichenden Konsens bei der Umgestaltung der Gesellschaften mit ökologisch gesetzten Schwerpunkten zu kommen. Als Naturwissenschaftlerin war ihr aber bewusst, dass wegen der nahenden Klimakatastrophe gehandelt werden müsse. Ein umfassendes Gesamtkonzept musste her. 

Es gab keinerlei private oder staatliche Beihilfen, denn das „Projekt“ sollte, so Merkels und Sauers Intention, geheim, parteienneutral und unabhängig bleiben, um es vor gewissen Politikern, Journalisten und Besserwissern aller Couleur zu schützen.

Als sich 2019 der Europäische Rat der Staats- und Regierungschefs auf keinen Kandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten einigen konnte, erkannte Angela Merkel die Gunst der Stunde. Sie brachte ihre Vertraute Ursula von der Leyen ins Gespräch, die dann auch gewählt wurde. 

Nach ihrem Amtsantritt bereitete von der Leyen nach ausgiebigen Konsultationen mit Merkel umgehend „European Green Deal“ vor, die spätere Plattform für das „Projekt“, das zu diesem Zeitpunkt natürlich noch Zukunftsvision war und von dem nur ein kleiner Kreis Eingeweihter wusste. Offiziell war „European Green Deal“ ins Leben gerufen worden, um bis 2050 eine vollständige Kohlendioxid-Neutralität in der EU zu erreichen.  

Joachim Sauer war 1993 zum Ordentlichen Professor am Lehrstuhl Physikalische und Theoretische Chemie der Humboldt-Universität berufen worden. 2017 war er emeritiert worden, blieb aber weiter als Senior Researcher am Institut für Chemie in Berlin-Adlershof.

Zwischen meinen handgeschriebenen Zetteln finde ich einen aus einer Zeitung oder einem Magazin ausgeschnittenen, ziemlich verblichenen Artikel anläßlich des 70. Geburtstages des Kanzlerinnengatten im Jahr 2019. Dort liest man: „Selbstverständlich besitzt der Wissenschaftler als Leiter einer Forschungsgruppe, die sich mit Quantenchemie der Festkörper befasst, noch ein Büro im Stadtteil Adlershof. Er sei weiterhin hochaktiv, heißt es in der Umgebung der Kanzlerin – doch so ganz genau ist man auch dort nicht darüber informiert, was Herr Sauer im Berufsleben so treibt. Privatsache eben“.

Von meinem Vater wusste ich, dass sich Professor Sauer in der ersten Zeit nach der Emeritierung ausführlich mit den Möglichkeiten der Quantenprogrammierung im Zusammenhang mit quantenchemischen Aufgabenstellungen beschäftigt hatte und hierbei mit den Universitäten Bonn  und Jena beim Quantencomputing kooperierte. Später sei er dann umgeschwenkt, um neue allgemeine Algorithmen für komplexe Fragestellungen zu entwickeln. Hierdurch würden die neuartigen Computer in die Lage versetzt, die hochgradige Parallelisierung der verschiedenen Quantenpfade effizient umzusetzen. Natürlich drang davon, wie auch im Artikel angedeutet, nichts ans Licht der Öffentlichkeit. Im Nachhinein ist das alles als Vorlaufzeit für das „Projekt“ zu sehen.

2022 verließen Angela Merkel und Joachim Sauer Berlin und zogen in ihr Landhaus in Hohenwalde in der Uckermark, 20 Kilometer östlich von der Stadt gelegen, in der Merkel aufgewachsen war.

Kurz zuvor hatte das Ehepaar Anteile an einer in der Nähe entstehenden Windkraftanlage sowie ein altes, etwas abseits gelegenes Gebäude, das wohl früher der Schweineaufzucht gedient hatte, erworben. Professor Sauer nannte später dieses Gebäude manchmal liebevoll „mein Saustall“.

Unverzüglich begannen die Umbauarbeiten am „Saustall“. Das Dach wurde erneuert und Wände umgesetzt oder verstärkt und isoliert, um den Prozessor, das Herzstück des neuen Quantencomputers, vor Vibrationen und Lärm abzuschirmen. Raum für die benötigten Kühl- und Umspannungsaggregate war genügend vorhanden und bald wurde auch die Stromversorgung durch Verlegen einer Leitung zur nahen Windkraftanlage sichergestellt.

Die Ein- und Ausgabestationen des Computers wurden im Landhaus installiert. Mein Vater konnte sich leider nicht mehr erinnern, ob dieser gigantische Computer auf der Circuit-QED- oder der Ionenfallen-Technologie basierte.

Während Joachim Sauer sich um die Montage des Quantencomputers kümmerte, begann seine Frau mit dem Auswerten bereits gesammelter Daten bzw. mit der Erfassung neuer. Hierzu lud sie vertraute deutsche und ausländische Fachleute unterschiedlichster natur- und gesellschaftswissenschaftlicher Disziplinen in das Landhaus ein. Durch ihre früheren Tätigkeiten als Naturwissenschaftlerin und Kanzlerin war sie höchstqualifiziert, die Ansichten der Experten zu moderieren und in das Projekt zu integrieren.

Auch mein Vater als Rohstoffspezialist war einige Male in Hohenwalde. Damals erfuhr ich nie vom eigentlichen Grund seiner Besuche. Er schwärmte aber immer vom selbst gebackenen Apfelkuchen Merkels und dem abends von Sauer servierten Rotwein aus den Lausitzer Anbaugebieten.

Unter den Geladenen waren natürlich auch Politiker, Soziologen und Wirtschaftswissenschaftler, von denen aber keine den wirtschaftlichen Liberalismus vertraten. Dieser geht nämlich davon aus, dass die unternehmerischen Beweggründe Streben nach Reichtum, Macht, Profit, Prestige usw. sind und dass für das gesellschaftliche Wohl alleine der Staat zuständig sei. Es bleibt unberücksichtigt, dass es Wechselwirkungen zwischen Unternehmertum und Staat und Gesellschaft gibt. Ein sozialer Wandel, so war die Meinung der teilnehmenden Wissenschaftler, wird aber nur möglich werden, wenn auch die Unternehmer einen angemessenen gesellschaftlichen Beitrag leisten.

Ich bin so in die Aufzeichnungen vertieft, dass ich das Mittagessen vergesse. Ein Anruf vom  Concierge schreckt mich hoch. Ob alles in Ordnung sei? Er könne mir das Essen auch hochbringen.

Nach einem kurzen Mittagsschlaf bin ich wieder im Jahr 2023.

Als erstes großes Themenfeld wurde in Hohenwalde „Energie und Klimawandel“ bearbeitet. Ein solches komplexes, dynamisches Geschehen wie dieses mit zum Teil unbekannten und sich ständig ändernden Variablen zu erfassen ist schwierig.  Der Computer musste mit riesigen Datenmengen, die ständig zu validieren waren, gefüttert werden.

Die ersten Ergebnisse der Berechnungen aus dem „Saustall“ zur europäischen Energieversorgung auf Basis von Wind- und Wasserkraft sowie der Nutzung nachwachsender Rohstoffe und der Solarenergie waren ernüchternd. Wie man es letztendlich auch drehte und wendete: es war nicht möglich, auch bei nur gemäßigtem Wachstum von Wirtschaft und Wohlstand bis zum Jahr 2050 zur Kohlendioxid-Neutralität in Europa zu kommen, wie es im „European Green Deal“ festgeschrieben worden war.

Es gab nur eine Lösung: Sollten die angestrebten Klimaziele bis 2050 erreicht werden, musste es beim Energiesparen gewaltig quietschen.

Zu dieser Zeit bekam das „Projekt“ den Namen „Apollo 13“.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt war den Sauermerkels (so nannte mein Vater manchmal das Ehepaar) klar, dass ein energiebasiertes System das geldbasierte Wirtschaftssystem ablösen müsse.

Ich überblättere einige Seiten, weil ich mir nur die Ergebnisse und nicht alle Teilschritte der weiteren Berechnungen merken kann und will. Eine Erläuterung bis in Details im Interview mit dem Radiosender würde mich überfordern.

Meine Aufzeichnungen, die ich am Krankenbett meines Vaters gemacht hatte, haben natürlich große Lücken. Weil er nur in einzelne Bereiche involviert gewesen war, konnte er mir kein vollständiges Bild des damaligen Geschehens wiedergeben. Das konnte zusätzlich auch seinem hohen Alter und der sich langsam entwickelnden demenziellen Erkrankung geschuldet sein.

Nach und nach wurden die vielen berechneten Unterthemen wie „Bauen und Wohnen“ und „Landwirtschaft“, an denen mein Vater mit seinen Kenntnissen der Rohstoffbereitstellung für die Zementindustrie bzw. mit seinem Wissen über mineralische Düngemittel mitgearbeitet hatte, in die Berechnungen der beiden Hauptthemen „Wirtschaft“ und „Arbeit und Soziales“ eingefügt.

Grundkonsens der Wissenschaftler war, dass Dinge von sich aus keinen Wert besitzen sollten. Einen Wert erhalten Rohstoffe und Produkte erst durch eine Energiemenge, die zu ihrer Förderung oder Produktion aufgewandt werden muss. Nach dieser Definition sollten beispielsweise im Boden liegende Rohstoffe keinen Wert besitzen, wohl aber die, die abgebaut worden waren.

Die maßgebenden Einheiten für den Wert wurden Joule, Kilojoule, Megajoule, Gigajoule usw.

Für den Verkauf von Waren sollte folgende einfache Formel

A = E (1 + 1/x + 1/y + 1/z) + W

gelten, wobei A den Verkaufspreis (in Joule oder Joule mit Dezimalpräfixen), E die verbrauchte Energiemenge bei der Herstellung des Produktes (in Joule oder Joule mit Dezimalpräfixen), x einen Gewinnindex, y einen Lohnindex und z einen Steuerindex darstellt. Die Werte für x, y und z sollten jährlich von einer unabhängigen Kommissionen festgelegt werden. W ist die Energiemenge, die für die nachträgliche Aufbereitung des im Prozess verbrauchten Wassers zu Trinkwasser benötigt wird.

Im Ergebnis der Berechnungen für „Wirtschaft“ wurden außerdem verpflichtende Maßnahmen vorgeschlagen: Wegfall von Subventionen, Förderung ökologischer Projekte, Umgestaltung der Landwirtschaft (regionale, vorrangig ökologisch erzeugte Produkte) und Aufforstung der hierbei gewonnenen Flächen, energiesparendes Bauen, E-Mobilität, Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs und des Zugverkehrs. Das waren die Maßnahmen, die meinem Vater nach vielen Jahren noch eingefallen waren.

Weiter wusste er noch, dass ein Grundkonsens der Wissenschaftler für den Sozialbereich in „Arbeit und Soziales“ die Übernahme der Idee des bedingungslosen Grundeinkommens, allerdings in abgewandelter Form, war. Da die übermäßige Verschwendung von Lebensmitteln hauptsächlich im privaten Bereich stattfand, sollte die Essenszubereitung aus den Haushalten in „Stadtteil-Zentren“ verlagert und die Supermärkte geschlossen werden. Hiermit würden auch die privaten Lebensmittel-Einkaufsfahrten sowie die Unmengen an Verpackungsmüll entfallen.

Jeder Bürger der EU sollte zwei Mikrochips implantiert bekommen: den Sozial- und den Arbeitschip. Der Sozialchip sah für jeden Bürger eine Grundversorgung vor.  Von ihm konnten abgebucht werden: Wohnungsmiete Typ A, Zentrum-Essen (die hier verbuchten Kilojoule beziehen sich ausschließlich auf den Energiegehalt des Essens und nicht auf den Energieverbrauch für die Produktion des Essens – hierüber wurde lange Zeit kontrovers diskutiert), Kleidungspunkte für Second-Hand-Läden, Arztbesuche, 30 Kulturpunkte jährlich (z.B. Kinobesuch = 1 Punkt, Konzert- oder Theaterbesuch 8 bis 12 Punkte).

Auf dem Arbeitschip sollten die Einkommen Rente und Löhne in Joule mit Dezimalpräfixen gespeichert werden. Alle „Einkäufe“, die über die des Sozialchips hinausgehen, werden vom Arbeitschip abgebucht, z.B. werden Zugreisen mit der tatsächlich verbrauchten Energiemenge für die Fahrt berechnet.

Jeder Betrieb sollte verpflichtet werden, zusätzlich zu den bestehenden festen Arbeitsverhältnissen je nach gesellschaftlichem Gesamtbedarf flexible Arbeitsplätze quasi durch Umkehrung der industriellen Revolution zu schaffen.  Gemeint ist damit das zeitweise Abstellen von Maschinen und die Verrichtung der Arbeit durch Menschen, z.B. das Fegen des Hofes durch einen Arbeitenden statt durch eine Kehrmaschine. Die gesparte Energie wird dann auf dem Arbeitschip des Arbeitenden gutgeschrieben.

Ob nun alles, was mein Vater mir aus seiner Erinnerung heraus erzählt hatte, letztendlich so in den Abschlussbericht von „Apollo 13“ mit Empfehlungen der Wissenschaftler für „European Green Deal“ einfloss, vermag ich nicht zu sagen.

Als ich mit dem Lesen aufhöre schlägt die Wohnzimmeruhr elfmal. Morgen geht es weiter.

Mittwoch, 16. April 2060

Ich wache spät auf und bin müde. Trotzdem gehe ich an die frische Luft und ins „Zentrum“.

Nachmittags nehme ich mir den vierten Ordner vor.

Er enthält Artikel aus Tageszeitungen und Magazinen ab 2030, die ich mir ausgedruckt und abgeheftet hatte.

Die meisten handeln von Naturkatastrophen: Stürme und Orkane, Dürreperioden, Überschwemmungen, Gletscherschmelzen.

In vielen Ländern gibt es Bürger- und Volksinitiativen, Demonstrationen, Proteste. Das einheitliche Anliegen: Die Regierungen und die EU-Kommission müssen endlich konzentriert gegen den Klimawandel vorgehen.

Eine Meldung von 2035: „Ab 1. Mai werden die Beschlüsse der Staats- und Regierungschefs, die auf den Empfehlungen europäischer Wissenschaftler in „European Green Deal“ basieren und durch Volksbefragungen legitimiert sind, schrittweise umgesetzt. Dieser Prozess soll bis zum 30. April 2040 abgeschlossen sein. Es wird erwartet, dass so die Ziele von „European Green Deal“ erreicht und die Erderwärmung damit nicht weiter zunehmen wird“.

Übrigens nannte sich die Europäische Union ab 2033 „Vereinigte Europäische Union“ (VEU). Das hatte Großbritannien bei seinem Wiedereintritt zur Bedingung gemacht.

Unter dem Datum 01.08.2039 finde ich: „Mit dem heutigen Tag ist Russland assoziiertes Mitglied der Vereinigten Europäischen Union geworden … Mit der Umsetzung der Beschlüsse analog denen in der VEU soll sofort begonnen werden“.

Die folgende Meldung ist auf den 01.01.2040 datiert: „Australien und Neuseeland haben ein Sozial- und Umweltprogramm gestartet, dass sich am europäischen Programm orientiert.“

Aus dem Jahr 2040 finde ich einen Artikel zur Präsidentenwahl in den USA. Der republikanische Kandidat McMiller hatte knapp gewonnen. Damit setzte sich der Trend fort, dass schon über Jahrzehnte hinweg Republikaner und Demokraten im Wechsel das Weiße Haus bezogen. Bezüglich der Umweltpolitik war das ein ständiges auf und ab. Aber dennoch war ein Rückgang der Kohlenstoffdioxid-Emissionen auch in den USA zu beobachten.

Auch Artikel über die Volksrepublik China sind im Ordner zu finden, so z.B. unter dem 31.12.2048: „Das vor den Vereinten Nationen 2020 vom damaligen Staats- und Parteichef Xi Jinping gegebene Versprechen, vor dem Jahr 2060 zur Klimaneutralität zu kommen, wurde mit der gestrigen Schließung des letzten chinesischen Kohlekraftwerkes eingehalten. Beschleunigend auf diesen Prozess hatten Forschungsergebnisse chinesischer Virologen und Chemiker gewirkt. Sie hatten gefunden, dass sich in unmittelbarer Nähe von Industrieschornsteinen große Schwärme wärmeliebender Insekten aufhalten würden. Das wiederum würde einige Fledermausarten, die als Träger von Coronaviren gelten und aus ihren natürlichen Rückzugsgebieten vertrieben worden waren, anlocken. Mit der Zeit hätten sich Coronamutanten entwickelt, die an oder in porösen industriellen Feinstäuben bestimmter chemischer Zusammensetzung in feuchter Atmosphäre wochenlang aktiv bleiben könnten“.

Die Namen Merkel und Sauer wurden im Zusammenhang mit „European Green Deal“ und den analogen weltweiten Programmen nie erwähnt.

Und noch eine letzte Meldung vom August 2051: „Wie erst jetzt bekannt wurde, verstarb in der vorigen Woche die ehemalige Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland, Frau Dr. Angela Merkel. Sie lebte seit ihrer Verabschiedung vom Amt zurückgezogen in der Uckermark. Sie wurde an der Seite ihres Mannes beigesetzt“.

Das Telefon klingelt. Meine Frau ist am Apparat. Sie soll morgen aus dem Krankenhaus entlassen werden.

Ich werde morgen das Interview mit Mike Jansen absagen.