Anfang des Monats erschien mit Tom Hillenbrands Montecrypto ein weiteres Buch, das ausgezeichnet in die Buchvorstellungen dieses Blogs passt, von dem ich aber auch nur (schon vor Erscheinen) erfahren habe, weil es den Magic Future Money–Wettbewerb gibt und auf Twitter jemand in diesem Zusammenhang seine große Vorfreude auf das Buch verkündete. Das weckte natürlich auch mein Interesse.
Ich las mich also in den zu erwartenden Inhalt ein, besorgte mir das Buch und wurde über die Zeit ebenso vorfreudig. Denn zum einen verspricht der Klappentext einen spannenden Plot und zum anderen war die Chance groß, dass Tom Hillenbrand die geweckten Erwartungen auch erfüllen kann. Einfach, weil er in den vergangenen Jahren schon eine ganze Reihe guter Bücher geschrieben hat.
Bitcoin als literarische Herausforderung
Nun ist Bitcoin aber kein ganz leichtes Thema. Das Potential eine spannende (Schatzsuchen-)Geschichte rund um dieses Magic Internet Money zu schreiben ist einerseits zwar groß. Andererseits läuft man aber schnell auch Gefahr zu nerdig zu werden und sich in technischen Details zu verlieren, die den Flow der Story und damit die Lesebegeisterung stark bremsen können.
Geht man es andersherum jedoch zu oberflächlich an, verliert man womöglich die Relevanz des großen Ganzen aus den Augen. Welche Bedeutung digitales Geld für die Gesellschaft hat, welche Möglichkeiten sich daraus für Individuen und Organisationen ergeben und welche Konsequenzen das schlussendlich für die Gesellschaft und unser aller Leben hat.
Diesen Mittelweg zwischen Tiefe und Verständlichkeit zu finden, gelingt Tom Hillenbrand in Montecrypto aber sehr gut. Man merkt, wie viel er selbst zu dem Thema recherchiert und wie viel Materiel er dabei gesammelt hat, ohne das er das alles im Buch explizit ausbreiten muss. Stattdessen gleicht er die unumgängliche Nerdigkeit, die in der Natur der Bitcoin-Sache liegt, sogar noch weiter aus, indem er uns nicht nur in die wundersame Welt der Kryptowährungen mitnimmt, sondern ganz nebenbei auch in die der Cocktails.
Das macht das Buch nicht nur für die Allgemeinheit gut zugänglich, sondern auch für fortgeschrittene Bitcoiner zu einer guten Unterhaltung. Auch weil Tom Hillenbrand den Plot der Geschichte eben nicht einfach aus den naheliegendsten Optionen zusammensetzt, die ein rein digitales, von Staaten, Banken und anderen zentralen Institutionen unabhängiges Internetgeld wie Bitcoin bietet. Doch mehr soll an dieses Stelle zum Inhalt nicht verraten werden.
Wie (schwer) es jedenfalls war, einen guten Bitcoin-Thriller zu schreiben, welche Geldaspekte der Geschichte (noch) futuristisch sind und was es mit Namen des Protagonisten auf sich hat – das alles und mehr habe ich mit Tom Hillenbrand auch noch einmal direkt besprochen.
Tom Hillenbrands Montecrypto ist bei Kiepenheuer & Witsch erschienen und die mit einer Leseempfehlung verbundenen 448 Seiten kosten 16 Euro.
Für einen nicht kryptoaffinen Bestsellerautor -die Szene nennt sie Nocoiner-ist das herangeschaffte Wissen beachtlich. Zuweilen sind komplexe Zusammenhänge gut erklärt (Was ist eine Blockchain, ein Smart Contract etc.) Auch die Stimmung in Malibu ist schön wiedergegeben. Aber das wars auch schon mit dem Positiven. Die Story hinter den ungedeckten Theter gemixt mit der noch nicht existenten Kryptowährung Diem von Facebook geben die Blaupause für den Kryptowährungshintergrund des Krimis. Die Kryptoaktivisten der ersten Stunden werden durchweg als durchgeknallte Nerds mit absonderlichen Visionen dargestellt, drogenabhängig, mit krimineller Energie und in Blasen lebend. Die Hauptfigur Ed Dante ist auch nicht viel sympathischer. Cocktailsüchtig und ruppig im Umgang, fragt sich die anfangs geneigte Leserin, warum sich Mondego, die attraktive Bloggerin und Kryptoauskennerin überhaupt für ihn interessieren sollte. Wegen des Huts? Wegen des Cowboy-Gangs? Wegen der sexistischen Sprüche? Wegen der White-Collar-Crime-Vergangenheit? Es erschließt sich ganz und gar nicht. Mondego hätte ein ausgemalteres Profil gut getan, der Story auch. Mir bleibt die Hauptfigur unsympathisch bis zuletzt. Das ist kein Vorwurf, beschreibt in Gänze aber das zynische Werk und das von keiner anderen Idee getrübte Mansplaining. Ob Turtlecoin, Moneta oder Pixiecoin, alles wird mit dem Pyramidenspiel erklärt. Wer zuerst kommt, sahnt ab. Die Kritik am Finanzsystem, die hinter Bitcoin steckt, die Idee hinter den großen Kryptowährungen wird kaum thematisiert. Politischer Hintergrund Fehlanzeige. Da ist eine Chance vertan worden zugunsten einer zu vorhersehbaren Pageturner-Schnitzeljagd. Hillenbrands Absicht hört sich im Interview ganz anders an. Aber das Titel-Marketing hat funktioniert, sonst hätte ich den Krimi nicht gelesen. Und wer sich für Cocktails und Autos interessiert ist hier richtig. Ein besserer Titel wäre gewesen: Bloody Martin