Magic Future Money - Geschichte Nr. 03

Kassandras Träume

Kassandras Träume

Die hagere Statur, die langen Gliedmaßen und das schmale Gesicht kennzeichneten ihn als Spacekid, einen Menschen, der einen Großteil seiner Kindheit und Jugend in Umgebungen mit geringer Schwerkraft verbracht haben musste. Eine Anomalie. Fast alle Kinder wuchsen in einer der Wolkenstädte der Venus auf. Kassandra selbst hatte noch nie den Mars oder einen der äußeren Planeten gesehen, hatte City 4 nie verlassen – konnte City 4 nicht verlassen. Die Fußfesseln, schmale Reifen aus kaltem Metall, die sich unter dem Saum ihrer langen Hose versteckten, hinderten sie daran.

Behutsam näherte sich ihre Hand der Wunde. Sein Schädel war unnatürlich kahl, obwohl sie ihn erst auf Mitte dreißig schätzte. Er stöhnte auf, als sie mit dem alkoholgetränkten Tuch vorsichtig Blut und Schmutz entfernte. Warum nur hatte er sich mit den halbstarken High Stats angelegt? Er konnte froh sein, dass Karls Bar eine Safe Zone war und ihm hier keine Punktstrafe drohte.

„Ihre endlose Prahlerei. Wie sie sich über uns lustig gemacht haben.“

Als er anfing, sich zu erklären, flammte das Feuer in ihm wieder auf.

„Ich konnte es einfach nicht mehr ertragen. Denken, dass sie die größten sind, nur weil sie Nustuff haben. Ohne ihre Eltern wären sie nicht besser dran als wir. Was hatten sie überhaupt hier zu suchen?“

Wortlos pflichtete sie ihm bei. Karls Bar war nicht gerade der erste Anlaufpunkt der Oberschicht. Doch sie war alles andere als schäbig, lag ruhig im Außenring der Stadt und die dichten Wolkenschichten hinter den breiten Panoramafenstern boten im Licht der Sonne einen eindrucksvollen Anblick. Kassandra war oft hier, was auch an Karl lag, den sie aus der Schulzeit kannte. Ja, sie mochte ihn sogar, betrachtete ihn als Freund. Obwohl er gern und viel redete.

„Es tut mir leid. Ich wollte dir keine Umstände machen. Wie kann ich dir danken?“

Sie schüttelte den Kopf.

„Du brauchst mir nicht zu danken. Wir Low Stats halten zusammen.“

Sie nahm den Verbandskasten, wollte aufstehen und gehen, doch er packte ihren Arm und hielt sie zurück.

„Du bist Kassandra, nicht?“

Sie starrte ihn an und löste sich aus seinem Griff. Er war nicht besonders stark.

„Karl hat mir von dir erzählt. Wer du bist. Was du kannst. Er scheint dich sehr zu mögen.“

Der Mann hinter der Bar wich beschämt ihren tödlichen Blicken aus und widmete sich hastig seinen Gläsern.

„Also ist es wahr, du bist eine Dreamhack?“

„Ja.“

Sie setzte sich zurück zu ihm an den Tisch.

„Warum? Soll ich etwas für dich programmieren?“

„Nein. Nicht direkt. Ich wollte dich gern kennenlernen. Mit dir reden. Ich könnte vielleicht deine Hilfe bei einem … Projekt gebrauchen.“

Im Nachhinein konnte sie sich nicht erklären, warum sie geblieben war. Warum sie dem Mann – Yuri, hatte er sich vorgestellt – den ganzen Abend zugehört hatte. Seinen Tiraden gegen die High Stats. Seinen Forderungen nach Anerkennung, seinem leidenschaftlichen Plädoyer für Gleichberechtigung. Sie hatte sich doch geschworen, sich von der Politik fernzuhalten. Wollte einfach nur ihr Leben leben, für ihren Vater da sein. Sie hätte gehen sollen, statt sich von Yuri hineinziehen zu lassen in diesen dunklen Strudel der Ohnmacht und hilflosen Wut, der ihr schon einmal zum Verhängnis geworden war.

Einen Plan hätte er, für den er ihre Hilfe bräuchte. Damit sie, die Low Stats, Zugang zu eigenen Ressourcen bekämen, unabhängig von BEQA werden konnten. Einfach nur wirres Geschwätz? Yuri hatte nicht wie ein Irrer auf sie gewirkt, eher wie jemand, der grimmig entschlossen war, für seine Ideale zu kämpfen. Ihn trieb etwas an, etwas, das Kassandra nie verspürt hatte. Sie war keine Revolutionärin, war nie eine gewesen. Was sie damals getan hatte, versucht hatte zu tun, war allein für ihren Vater gewesen. Nicht für sie selbst, nicht für Freunde, nicht für die Low Stats. Nein, sie war keine Revolutionärin.

An der Kreuzung blieb sie stehen und starrte auf das übergroße Hologramm der dunkelhaarigen Frau, die in City 4 omnipräsent von Bildschirmen und Wänden lächelte, Kassandra morgens im Spiegel begrüßte, im Aufzug, im Büro, selbst in Karls Bar. BEQA.

„… gemeinsam viel erreicht.“

„Gemeinsam haben wir dunkle Zeiten überstanden“, stimmte Kassandra murmelnd in den Monolog des Avatars ein, „und unser Überleben gesichert. Zusammen sind wir stark. Niemand wird zurückgelassen. Ich sorge für euch. Ihr könnt euch immer auf mich verlassen.“

Sie kannte den Text auswendig, seit ihrer Kindheit. Alle Menschen kannten den Text auswendig, auf der Venus, auf dem Mars, den äußeren Planeten. Seit sie denken konnte, sorgte BEQA für sie. Und es stimmte, sagte sich Kassandra in Gedanken, wie um sich selbst zu vergewissern. Trotz ständig knapper Ressourcen musste niemand hungern, niemand verdursten. Alle hatten einen Ort, den sie ihr Zuhause nennen konnten: eine Kabine, eine Unterkunft. Dank BEQA hatten alle ähnlich viele Solars. Niemand war arm, niemand reich. BEQA sorgte dafür, passte Preise an, bestimmte Abgaben, änderte Löhne. Sammelte jemand zu viele Solars an, steuerte BEQA gegen und erhob Zinsen. Zudem gab es persönliche Kontingente, zum Beispiel für bestimmte Grundnahrungsmittel und Alkohol. BEQA war wie eine fürsorgliche Mutter, in deren Arme sich Kassandra fallen lassen konnte, die zuhörte, sich um ihr Wohlergehen kümmerte. BEQA war da, als sie, Kassandra, geboren wurde, war schon da, als ihr Vater geboren wurde. Sie war älter als der älteste lebende Mensch und alterte nie.

Doch trotz gleicher Rechte und ähnlicher Vermögen hatte sich auch unter BEQAs scharfer Aufsicht und Kontrolle eine neue Gesellschaft von Klassen etabliert, gegen die Menschen wie Yuri aufbegehrten. Oder Menschen wie Kassandra, wenn auch aus anderen Motiven. An diesem Abend führte sie, nachdem sie tief in Gedanken versunken die Bar verlassen hatte, ihr Unterbewusstsein in den schmalen, spärlich beleuchteten Korridor, an dessen Ende die Unterkunft ihres Vaters lag. Sie hielt ihre Augen vor den schmalen Scanner. Zischend glitt die Tür zur Seite. Sie trat ein und wartete, bis sich ihre Augen an das fahle Licht gewöhnt hatten, das sich mühsam den Weg durch das kleine, stets abgedunkelte Fenster gebahnt hatte. Die ganze Unterkunft war ein heilloses, aber sympathisches Durcheinander, über das sie wohlwollend hinwegsah. Solange sie sich erinnern konnte, war Henry ein leidenschaftlicher Tüftler gewesen, der kleine und große Apparate und Maschinen sammelte, reparierte, verkaufte, meistens jedoch mit großer Freude einfach nur verschenkte. Die Maschinen waren sein Leben. Sein einziges Leben. Er war ein Eigenbrötler, der den Kontakt zu anderen Menschen weitgehend vermied. Ein paar Freunde hatte er schon, die ihn regelmäßig besuchten. Aber nur Kassandra ließ er wirklich an sich heran, vergötterte seine einzige Tochter geradezu, wie auch sie ihn über alles liebte.

Vorsichtig bahnte sich Kassandra den Weg durch das Halbdunkel in den Schlafbereich. Ihr Vater ging von Monat zu Monat früher ins Bett. Seine Kräfte ließen immer schneller nach. Sie setzte sich auf den Rollstuhl, der neben seinem Bett stand, und griff zärtlich nach seiner Hand. Die Krankheit hatte ihn gezeichnet. Sein Haar war schütter geworden, sein Gesicht eingefallen. Die Hände verkrampften mehr und mehr zu einer Faust, die sich nicht mehr öffnen ließ. Ein Jahr gaben ihm die Ärzte noch.

Die Krankheit war heilbar, die Medikamente seit Jahren erprobt und zugelassen. Für Henry jedoch gab es keine Hoffnung. Er war ein Low Stat, genau wie Kassandra, Karl oder Yuri. Ein Mensch mit niedrigem sozialem Status. Nicht wichtig, nicht wertvoll genug für die Gesellschaft. Die verfügbaren Medikamente gingen an die High Stats: ranghohe Militärs, Regierungsmitglieder, wichtige Beamte. Und nicht nur Medikamente. High Stats bekamen priorisierten Zugriff auf die neueste Technik, die neueste Mode, die besten Lebensmittel. Für die Low Stats blieb nur der Rest.

Ein hoher Score war die Eintrittskarte in ein besseres Leben, eine bessere Zukunft. Und wer legte den Score fest? BEQA. Das Bio-Enhanced Quantum Array. Eine Richterin über Leben und Tod. Gnadenlos, prinzipientreu, unerbittlich. Aber auch BEQA hatte nicht verhindern können, dass Menschen taten, was sie schon immer taten, seit Anbeginn der Zeit: Gruppen bilden, Wissen weitergeben oder vorenthalten, ausgrenzen, Macht ausüben. Vorteile erzeugten weitere Vorteile, Nachteile blieben Nachteile. Die Kinder von High Stats wurden wieder High Stats, die Kinder von Low Stats hatten keine Chance auf Aufstieg. Das war der Lauf der Dinge in City 4, auf der gesamten Venus, dem Mars, den äußeren Planeten.

Um dennoch an die Medikamente für ihren Vater zu kommen, hatte Kassandra aufbegehrt, alle Hebel in Bewegung gesetzt, Anträge gestellt, Gefallen eingefordert, sich an das Ministerium gewandt. Als alle legalen Möglichkeiten ausgeschöpft waren, hatte sie sogar zu den illegalen gegriffen. Und war ebenfalls gescheitert. Nur die Richterin hatte einen Hauch von Mitgefühl gezeigt, sie auf Bewährung freigelassen, damit sie sich weiter um ihren Vater kümmern konnte. Dafür hatte sie Kassandras Score halbiert und sie zum Tragen der Fußfesseln verdonnert.

Henry zuckte im Schlaf zusammen und begann, unverständliche Worte zu murmeln. Ein weiterer Albtraum. Kassandra setzte ihrem Vater den kleinen Inhibitor auf die Stirn, der sich kaum hörbar summend mit dem Neurochip in seinem Kopf verband. Nach einigen Minuten entspannten sich seine Muskeln und sein Atem wurde gleichmäßiger. Sie lehnte den Kopf an seine Schulter und fiel erschöpft in einen tiefen Schlaf.

„Hier unten kommt nie jemand hin.“

Yuri saß auf dem Boden und blickte fasziniert auf den wilden Wirbel aus Gasen, der sich unter ihm an der Spitze des Antennenmastes bildete.

„Manchmal glaube ich, Muster und Bilder zu erkennen. Tiere, Menschen, ein Raumschiff. Mein Lieblingsort – nach der Bar.“

Vorsichtig kauerte sich Kassandra an den Rand. Die Aussichtsplattform befand sich ganz am unteren Ende der Spindel, die das Rückgrat von City 4 bildete. Nur ein schrecklich dünnes, transparentes Fenster bewahrte sie vor dem sicheren Tod. Durch die Mitte der Plattform verlief senkrecht der Antennenschacht, öffnete sich unterhalb der Kuppel und gab verschiedene Sende- und Empfangseinheiten frei. Einige dienten der Kommunikation mit Sonden und Drohnen, andere maßen den Abstand zur Oberfläche. 50 Kilometer bis zum Aufprall, am Boden 500 Grad Celsius und 90 bar Atmosphärendruck. Jeder Bewohner von City 4 kannte diese Zahlen auswendig.

Als er ihre Angst spürte, klopfte Yuri auf das Fenster.

„Transparentes Aluminium. Dir kann nichts passieren.“

Ihr Verstand wusste, dass es sicher war, dass draußen ein höherer Druck herrschte als drinnen. Trotzdem kostete es sie Überwindung, zu Yuri zu kriechen und sich neben ihn zu setzen. Mit geübten Händen zog sie den kleinen Störsender aus ihrer Jacke und schaltete ihn ein.

„Du bist gekommen. Also wirst du mir – uns – helfen?“

Erwartungsvoll blickte er sie an.

„Wenn ich helfen kann. Ich brauche mehr Informationen. Du hast mir noch keine Details deines Plans erzählt.“

Sie versuchte, seine Erwartungen zu dämpfen und sich die Möglichkeit eines Rückzugs offenzuhalten. Karl hatte einen steten Hang zur Übertreibung, vor allem was Kassandras Fähigkeiten anbelangte.

„Also gut.“

Yuri nahm einen tiefen Atemzug.

„Was ich jetzt sage, darf diesen Raum unter keinen Umständen verlassen. Niemand darf davon erfahren. Sonst bin ich tot.“

Sein bis jetzt heiteres Gesicht war mit einem Mal ernst geworden. Kassandra sah Angst in seinen Augen. Er war fest davon überzeugt.

„Yuri, wer sollte dich töten? Und weswegen? Was hast du vor?“

Sie zuckte zurück. Worauf hatte sie sich eingelassen? Wer war dieser Mann, den sie kaum kannte und dem sie an diesen einsamen Ort gefolgt war?

„Was weißt du über die Archen?“

„Die Archen? Die sind ein Mythos. Niemand hat sie je gesehen.“

Sie hatte Gerüchte über die Archen gehört, hier und dort etwas aufgeschnappt. Nicht mehr als Hörensagen. Automatisierte Frachter, die einst das Sonnensystem auf festen Flugrouten durchquerten, die Außenposten der Menschheit mit Wasser und Nahrung versorgten und im Gegenzug abgebaute Rohstoffe einsammelten. In diesem Punkt stimmten die Geschichten weitgehend überein. Und Kassandra glaubte durchaus, dass dieser Teil der Mythen der Wahrheit entsprach. Doch das war lange her. Eine Zeit, in der es noch keine schwebenden Wolkenstädte auf der Venus gab. Eine Zeit vor BEQA. Einige glaubten, dass sich Menschen nach dem Exodus in den Frachtern niedergelassen hätten und dort in Freiheit leben würden. Einige glaubten, dass dort unvorstellbare Reichtümer lagern würden, gehortet von der Regierung, versteckt vor der Allgemeinheit. Treibstoff, seltene Metalle, Saatgut, Medizin. Was dachte Yuri? Sah auch er eine Verschwörung hinter allem?

„Glaub mir, Kassandra, sie sind kein Mythos! Ich habe sie selbst gesehen! Ich habe eine Arche gesehen!“

„Wann? Wo?“

„Ich war ein Kind, ein kleiner Junge. Ich lebte mit meinen Eltern auf einem Frachter.“

Er hob abwehrend die Hände.

„Ja, ich weiß, es ist verboten. Aber meine Eltern liebten mich über alles. Sie wollten mich nicht wegschicken.“

Seine Augen glänzten, als er in Gedanken in seine Kindheit zurückkehrte.

„Es sind die schönsten Erinnerungen meines Lebens. Ich flog mit meinen Eltern durch das Sonnensystem, habe die Planeten gesehen: Merkur, Venus, Mars, den Jupiter, die Ringe des Saturn. Manchmal ließ mich mein Vater auf die Brücke und ich durfte Pilot spielen. Jeder Tag war ein großes Abenteuer. Bis … bis eines Tages …“

Er hielt inne und suchte nach den richtigen Worten, kämpfte gegen den inneren Widerstand an.

„Als ich sechs Jahre alt war, hatten wir einen schrecklichen Unfall. Eine Explosion im Maschinenraum. Die Triebwerke fielen aus, unser Schiff kam vom Kurs ab und driftete in Richtung Sonne. Wir setzten noch einen Notruf ab, befürchteten aber das Schlimmste. Tagelang trieben wir durchs All, unserem unausweichlichen Ende entgegen. Und während wir immer verzweifelter auf Rettung warteten, da tauchte sie plötzlich vor uns auf. Eine Arche. Ich sehe heute noch den Bildschirm vor mir. Die Darstellung des Raumschiffs. Den langgezogenen Rumpf, die Frachträume, die kugelförmige Antriebssektion.“

Kassandra schwieg still und ließ ihn erzählen.

„Meine Eltern hielten sie zunächst für ein neues Schiff der Navy. Doch ich wusste gleich, dass es eine Arche war. Ich befahl dem Computer, das fremde Schiff zu identifizieren. Ich wusste es nicht, aber damit besiegelte ich ihr Schicksal.“

Sie wollte nachhaken, doch Yuri gebot ihr zu schweigen.

„Gleich! Es ist heute für mich nicht nachvollziehbar, doch der Computer fand die Daten im Archiv und identifizierte sie als SS Endurance – einen ehemaligen Megafrachter. Er zeigte sogar die Flugbahn an!“

„Was passierte dann?“, fragte sie leise. Sie ahnte, dass sich seine Geschichte dem traurigen Höhepunkt näherte.

„In diesem Moment kam die Navy. Rettete uns. Rettete die Crew. Rettete mich. Meine Eltern hingegen … Alle auf der Brücke wurden getötet.“

Yuri schluchzte und senkte den Kopf, damit sie die Tränen nicht sehen konnte.

„Ich sollte den Wartungsschacht nehmen und hinab zur Crew klettern. Aber ich war noch ein Kind. Kinder sind neugierig. Ich wollte sehen, was auf der Brücke passierte. Ich versteckte mich hinter dem Gitter. Sie … Sie haben meine Eltern vor meinen Augen erschossen.“

Er brauchte mehrere Minuten, um sich zu fangen. Schweigend saßen sie im Halbdunkel nebeneinander und blickten auf das gelbe Wolkenmeer.

„Ich kletterte dann hinab zur Crew, wo sie mich fanden. Sagte zu niemandem ein Wort. Offiziell gab es einen plötzlichen Druckabfall auf der Brücke und alle waren erstickt. Niemand stellte Fragen. Die Explosion, der Zustand des Schiffes. Es war eine logische Erklärung.“

„Es tut mir sehr leid.“

Sie legte die Hand auf seinen Arm. Er nickte nur und schob sie weg.

„Danke. Schon gut. Ich habe gelernt, damit zu leben.“

Er versuchte, stark und gefasst zu wirken. Doch diesmal glaubte sie ihm kein Wort.

„In diesem Jahr haben wir eine einmalige Gelegenheit, eine Chance, die wahrscheinlich nie wieder kommt!“

„Die Arche. Die Endurance. Du willst zu ihr.“

Langsam dämmerte Kassandra, wohin alles führte. Yuri wollte zurück zur Arche und an ihre Ressourcen gelangen. Falls es dort welche gab.

„Was genau hast du vor?“

„Ein Wartungsschiff startet bald und fliegt nah an die Sonne heran. Nah an die Arche heran! Laut ihrem Flugplan sollte sie nur einen kurzen Abstecher entfernt sein.“

„Sicher? Du täuschst dich bestimmt nicht?“

„Absolut sicher! Hier!“

Yuri kramte einen Stapel Notizen aus seiner Tasche hervor. Handgeschrieben. Kassandra hatte noch nie handschriftliche Aufzeichnungen gesehen. Niemand schrieb mehr mit der Hand. Seit Jahrhunderten. Sie griff nach einem Zettel. Eine Skizze der Arche. Daneben ihre Flugbahn, wie er sie aus dem Gedächtnis rekonstruiert hatte. Yuri schob ihr nacheinander die restlichen Notizen zu.

„Meine Crew”, sagte er stolz, als er ihr eine Liste mit Namen reichte. „Sie sind bereit, mir zu helfen. Ich vertraue ihnen.”

Es waren Frauen und Männer, die mit Yuri auf dem Raumhafen arbeiteten. Alle Low Stats.

„Was soll ich dabei tun? Ich kann doch nicht mit. Ich kann City 4 nicht verlassen.“

Sie zeigte ihm die beiden Fußfesseln.

„Ich weiß“, seufzte Yuri. „Du kannst nicht mit. Die Fesseln. Die Sache mit deinem Vater. Aber du kannst uns – mich und meine Leute – auf das Wartungsschiff bringen.“

„Woher weißt du von meinem Vater? Verdammt!“

Kassandra sprang auf. Auf einmal war ihr alles klar.

„Karl! Er hat es dir erzählt! Ich bringe ihn um!“

Wütend trat sie gegen den Antennenmast. Yuri schaute hilflos drein und konnte sich ihren heftigen Gefühlsausbruch nicht erklären.

„Was hast du? Was ist mit Karl?“

„Was hat er dir erzählt? Dass ich ein Genie bin? Für meinen Vater das System gehackt habe? BEQA überlisten konnte?“

Yuri wippte langsam mit dem Kopf.

„So ungefähr, ja.“

„Es hat nicht funktioniert, Yuri! Ja, ich habe mich reingehackt. Ja, ich habe den Score meines Vaters manipuliert. Aber es hat nichts gebracht. Ich bin sofort aufgeflogen! Sie haben mich sofort gekriegt. Ich kann eure Scores nicht hacken, es geht nicht.“

„Du meinst …“

„Ich meine es ernst! Vergiss deinen Plan, vergiss deine Arche!“

Yuri sackte in sich zusammen.

„Aber … ich verstehe das nicht. So kurz vor dem Ziel. Was soll ich jetzt den anderen sagen?”

„Du solltest jetzt gehen, Yuri.“

„Wir brauchen nur ein paar mehr Punkte. Wir wollen ja keine High Stats werden.“

Hilflosigkeit lag in ihrem Blick, aber auch Wut und Verzweiflung.

„Bitte, Yuri, geh.“

Verwirrt sammelte er seine Zettel zusammen, erhob sich und ging mit traurigen Schritten zur Leiter. Er hatte bereits die ersten Stufen erklommen, als sie ihn mit brüchiger Stimme zurückhielt.

„Warte. Es gibt vielleicht eine andere Möglichkeit.“

Es war das letzte Mal, dass sie Yuri treffen sollte. Von nun an tauschten sie Nachrichten nur noch über Karl aus. Kritzelten ihre Botschaften auf Papier. Handschriftlich, vollkommen analog. Eine wahrhaft antiquierte Form der Kommunikation. Anfangs verkrampften ihre ungeübten Hände bei jedem Wort.

Sie hatte Yuri versprochen, es zu versuchen. Garantieren konnte sie für nichts. Die Aufgabe war ungeheuer komplex. Es gab zu viele Variablen, die Kassandra nicht beeinflussen konnte. Die Gesundheit war nur eine davon. Würde einer von Yuris Gefolgsleuten kurz vor dem Start krank werden, wäre sein Platz auf der Liste dahin. Außerdem würden sie alle mitspielen müssen, sich vorbildlich verhalten, keine unnötigen Schwierigkeiten machen.

Yuri hatte ihr eine Liste mit sieben Namen gegeben, sich selbst eingeschlossen. Die Wartungscrew des Raumschiffs umfasste zwölf Personen, ausgewählt aus einem Pool von fast fünfzig. Die Scores lagen alle recht nah beieinander. 120 Punkte trennten den ersten Platz vom letzten.

Kassandra griff das Buch aus dem Regal und zog die Liste mit Namen hervor. Ein antiquiertes Versteck für antiquierte Botschaften. Fünf Wochen blieben ihr nun, um das Unmögliche zu schaffen. Matteo lag schon auf Platz 4, um ihn würde sie sich am wenigsten sorgen müssen. Silke war knapp unterhalb der Schwelle, Yuri irgendwo im Mittelfeld. Dann noch Ramona, Ernesto, Claudine, Nikita. Ein bunt gemischter Haufen. Sie alle zählten auf Kassandra. Vertrauten ihr.

Mit einem Ruck stand sie auf, stülpte sich den Datenhelm über den Kopf und legte sich auf ihr Bett. Sie atmete mehrmals tief ein und aus. Jedes Mal, wenn sie sich mit der Cloud verband, in Trance verfiel und ihr Geist in den Datenstrom eintauchte, überkam sie ein heftiges Schwindelgefühl. Es dauerte stets ein paar Augenblicke, bis der tiefe Schlaf sie überkam und ihr Körper entspannte.

Meist begann ihr Dream mit einer Phase der Orientierungslosigkeit. Sie irrte durch einen dichten Nebel, der nach und nach feste Konturen ausbildete. Sobald sich ihr Geist verortet hatte, konnte sie vorsichtig nach allen Seiten tasten, sich von System zu System hangeln, bis sie ihr Ziel erreicht hatte. Für die nächsten Wochen würde der Raumhafen dieses Ziel sein.

In den ersten Tagen beobachtete sie nur. Hackte hier eine Kamera, da einen Arbeitsplan. Versuchte ein Gefühl für die Menschen zu bekommen, ihre Tagesabläufe, ihren Charakter, ihre Ängste und Sorgen. Schrieb Fragen auf, die Yuri am nächsten oder übernächsten Tag beantwortete. Allmählich ergab sich in ihrem Kopf ein Geflecht aus Beziehungen und Aufgaben. Wer mochte wen? Wen nicht? Mit wem klappte die Zusammenarbeit? Mit wem nicht? Sie erschrak über die vielen Informationen, Daten und privaten Geheimnisse, die sie erfuhr, obwohl sie jeden Tag nur ein paar Stunden spionierte, sich auf den Raumhafen und die Wartungshangars konzentrierte.

Was sie tat, was sie vorhatte, war Neuland für Kassandra. Bei ihrem letzten Versuch, BEQA zu überlisten, war sie – heute ärgerte sie sich maßlos darüber – wenig subtil vorgegangen, hatte in ihrer Naivität versucht, den Score ihres Vaters direkt zu manipulieren. Eine Unmöglichkeit, wie sie jetzt wusste, denn BEQA war einfach überall. Die Daten wurden nirgends zentral gespeichert, schwirrten durch die Cloud, jede Abweichung an einer beliebigen Stelle fiel beim nächsten Abgleich sofort auf. Sie hatte es lediglich geschafft, einen der Zentralserver zu knacken, eine geparkte Datenkopie zu manipulieren. Unheimlich stolz war sie gewesen, nachdem sie es tatsächlich geschafft hatte, den Score ihres Vaters zu verdoppeln. Bruchteile einer Sekunde später war der Alarm ausgelöst worden.

Dieses Mal würde nichts dergleichen geschehen. Kassandra hatte ihre Lektion gelernt. Daten, die BEQA einmal erfasst hatte, manipulieren zu wollen, war aussichtlos. Doch sie konnte die Realität manipulieren, die Wirklichkeit wie sie war, bevor BEQA sie erfasste. Also begann sie, Informationen weiterzugeben, von Yuris Bande Gerüchte streuen zu lassen, Geheimnisse zu verraten. Manchmal reichte eine für Außenstehende harmlose Bemerkung, um einer Person den Tag zu verderben. Die Konzentration sank, Gedanken schweiften ab, die Leistung litt darunter. Sie erzeugte ein paar kleinere Störfälle, die Yuri und Co. – wie durch ein Wunder – in kurzer Zeit beheben konnten. Sie sperrte eine Technikerin namens Agatha kurzzeitig in der Kabine ein, wodurch diese zu spät zum Dienst erschien. Sie verkuppelte zwei Kollegen, die schon lange heimlich ineinander verliebt waren und sich gemeinsam in eine andere Abteilung versetzen ließen. BEQA beobachtete alles, erfasste, bewertete. Ganz langsam, sehr langsam veränderten sich die Scores und die Namen von Matteo, Silke, Yuri, Ramona, Ernesto, Claudine und Nikita wanderten auf der Liste nach oben.

Ein schlechtes Gewissen quälte Kassandra nur selten. Sie würde keine Leben ruinieren, niemandem ernsthaft schaden. Es gab auch Fälle, in denen sie den Betroffenen sogar einen Gefallen tat, da diese gar nicht auf das Schiff wollten. BEQA interessierten die geheimen Wünsche und Sorgen von Menschen nicht. Für BEQA zählte nur der Score. Außerdem stand das Leben von Kassandras Vater auf dem Spiel. Wenn die Regierung die Archen wirklich als Depots nutze? Die Gerüchte der Wahrheit entsprachen? Irgendein Geheimnis musste es geben, wenn die Navy selbst vor dem Mord an Yuris Eltern nicht zurückschreckte.

Nach drei Wochen war klar: Ihre Bemühungen, ihre kleinen Tricks reichten nicht aus. Alle waren zwar in die obere Hälfte der Tabelle gerückt, aber nur Matteo und Silke hatten die Schwelle überschritten. Sie musste ihren Ansatz ändern, stärker eingreifen. Die Gefahr einer Entdeckung wischte Kassandra beiseite. Ihr Ehrgeiz war gepackt. Sie wollte es schaffen. Wollte Yuri helfen. Für ihren Vater. Sie überschritt die Grenze, ihre eigene rote Linie. Sie hackte sich in Neurochips. Drang in das Bewusstsein fremder Menschen ein, las ihre Gedanken, manipulierte ihre Träume, pflanzte Ängste ein. Ängste vor einem plötzlichen Tod, der Kälte des Alls, der Einsamkeit. Es wirkte. Kassandra brauchte keine Tricks mehr. Sie reduzierten ihre Leistung nach und nach von selbst, arbeiteten langsamer, wollten um jeden Preis vermeiden, auf das Schiff zu kommen. Je erfolgreicher ihre Bemühungen wurden, umso weniger Skrupel kannte Kassandra. BEQA beobachtete alles, erfasste, bewertete. Am Ende hatte Kassandra es geschafft. Zwei Tage vor dem Start des Schiffs waren Matteo, Silke, Yuri, Ramona, Ernesto, Claudine und Nikita fester Teil der Wartungscrew.

Sie hatte ihren Erfolg in Karls Bar gefeiert und lief später als sonst und viel zu müde nach Hause zurück. Noch einmal der Blick auf die Zeit: 23:16 Uhr. Das Schiff würde in 14 Minuten starten. Gern hätte sie sich von Yuri verabschiedet. Doch sie wollten lieber nichts riskieren und hatten sich schriftlich Lebewohl und alles Gute gewünscht. Yuri hatte ihr versprochen, mit guten Nachrichten zurückzukehren. Auf dem Heimweg erwog sie, mit dem Aufzug hinauf zum Raumhafen zu fahren und den Start von der Lounge aus zu verfolgen. Sie seufzte, schüttelte den Kopf, setzte ihren Weg fort. Lieber nichts riskieren.

Jemand war in ihrer Kabine gewesen. Sie bemerkte es sofort, nachdem sich die Tür hinter ihr geschlossen hatte. Auf den ersten Blick war alles, wie sie es verlassen hatte. Alles lag und stand an seinem Platz – lag und stand fast an seinem Platz. Der Stuhl war leicht verrückt, das Pad auf dem Tisch leicht verschoben. Die Bände im Regal waren vollzählig, doch die Reihenfolge war vertauscht. Sie griff hastig nach dem Buch, öffnete es. Weg. Yuris Notizen waren verschwunden.

Ein Schwindelgefühl erfasste Kassandra und riss sie zu Boden. Tränen schossen ihr in die Augen und flossen ihre zitternden Wangen hinab. Es war allein ihre Schuld. Zu unvorsichtig war sie gewesen, zu rücksichtslos. Nun würde sie alles verlieren. Ihren Job, ihren Status, ihr Zuhause, Karl. Ihren Vater. Es gab kein Entkommen mehr. Sie war aufgeflogen. Die Regierung hatte sie gehackt.

Doch vielleicht konnte sie Yuri noch erreichen, ihn warnen und von seinem Plan abbringen. Sie stürmte hinaus auf den Korridor und rannte zum zentralen Aufzugsschacht. Mehrmals rempelte sie Passanten an, stieß sie fast um, entschuldigte sich, rannte weiter. Warum waren heute Abend so viele Menschen unterwegs? Eine Schlange vor den Aufzügen. Störung, Wartungsarbeiten. Ausgerechnet jetzt!

Die Luke zum Schacht stand offen. Sie stieß den Techniker beiseite und kletterte die Leiter empor. Wie viele Stockwerke? Zwölf? Dreizehn? Der Raumhafen bildete das oberste Deck von City 4.

Sie kam zu spät, alles war abgeriegelt. Der Sentry Bot erklärte ihr freundlich: „Ein Start steht unmittelbar bevor. Zu diesem Zeitpunkt ist der Zutritt nicht gestattet.“

Mit letzter Kraft erklomm Kassandra die Stufen zur Lounge und stürzte zum Aussichtsfenster. Das Schiff stand auf der Rampe, der Countdown lief.

Sechs.

Fünf.

Vier.

Drei.

Zwei.

Eins.

Fauchend erwachten die Triebwerke zum Leben. Ganz langsam erhob sich das Schiff aus seinem Kessel und verschwand hinter einer Wolke aus dichtem Rauch. Dann schoss es im Licht der Schweinwerfer glänzend aus der Wolke heraus und ritt auf einem Feuerstrahl in den Himmel. Nach wenigen Augenblicken war es verschwunden.

„Viel Glück, Yuri“, hauchte sie leise.

Sie bemerkte den Mann erst, als er sich räusperte.

„Ich fürchte, ihm wird nicht gefallen, was er findet.“

Er hatte sich ihr von hinten genähert. Sie konnte sein Spiegelbild im Fenster sehen. Die schwarze Uniform der Navy, eine breite Datenbrille vor dem Gesicht. Noch drehte sie sich nicht um, wollte sich nicht geschlagen geben.

„Aber vielleicht ist es auch ein neuer Anfang. Für uns alle.“

Er schüttelte kaum merklich den Kopf.

„Die Archen sind ein Mythos, Ms. Barrows. Das wird ihr Freund schnell genug erfahren.“

„Aber er hat sie mit seinen eigenen Augen gesehen.“

„Sie wissen doch am besten, dass wir unseren Erinnerungen niemals trauen sollten.“

Er tippte an seine Datenbrille.

„Was haben Sie mit ihm gemacht?“

„Nichts, Ms. Barrows. Wir haben nichts mit ihm gemacht. Sie hingegen … Sie haben das System ganz schön durcheinandergewirbelt.“

„Weil es kaputt ist. Weil es uns kaputt macht.“

Er deutete auf zwei breite Sessel in einer Ecke.

„Bitte. Lassen Sie uns reden.”

Warum wollte er mit ihr reden? Warum nahm er sie nicht einfach fest, führte sie ab, hier und jetzt? Kassandra wurde unwohl, das Schwindelgefühl kehrte zurück.

„Sie sollten sich wirklich setzen.“

Kassandra gehorchte. Er zog den zweiten Sessel herum, setzte sich so, dass er ihr den Fluchtweg versperrte.

„Besser?“

Sie nickte kaum merklich.

„Wir möchten Ihnen ein Angebot machen, Ms. Barrows.“

„Ein Angebot?“

„Sie haben ein paar hochrangige Leute beeindruckt. Ich wurde geschickt, um Sie zu fragen, ob Sie für uns arbeiten wollen.“

„Für Sie arbeiten? Für die Regierung? Warum sollte ich das tun?“

„Weil wir Ihnen ein Angebot machen, das Sie nicht ausschlagen können, Ms. Barrows. Und wenn Sie es nicht für sich tun wollen, dann denken Sie an Ihren Vater.”

„Meinen Vater?”

„Wir könnten dafür sorgen, dass er Medikamente bekommt, mit denen es ihm deutlich besser gehen wird.”

„Wenn ich mich weigere?“

„Tartaros.“

Die Strafkolonie. Sie würden sie verbannen. Die Höchststrafe.

„Das ist kein Angebot! Das ist eine Drohung! Erpressung!“

Ein gleichgültiges Schulterzucken als Reaktion.

„Nennen Sie es, wie Sie wollen. Drohung, Erpressung, Ultimatum, Angebot.“

In Kassandras Kopf überschlugen sich die Gedanken. Wer war dieser Mann? Was genau wollte die Regierung von ihr?

„Nehmen Sie sie ab. Nehmen Sie die Brille ab.“

Er lächelte und kam ihrer Aufforderung nach. Erschrocken wich sie zurück. Der Mann hatte keine Augen. Die Höhlen waren leer.

„So leicht gebe ich mich nicht zu erkennen, Ms. Barrows.“

Sie hob ihren Arm und führte ihre Hand mehrmals vor seinem Gesicht von rechts nach links. Keine Reaktion.

„Können Sie mich überhaupt sehen?“

„Ich brauche Sie nicht zu sehen, Ms. Barrows. Ich bin überhaupt nicht hier.“

„Das … Es ist alles nur ein Traum, oder?“

Das Grinsen auf seinem Gesicht wurde breiter und breiter.

„Was Sie können, Ms. Barrows, können wir schon lange. Denken Sie gut über unser Angebot nach.“

Schweißüberströmt wachte sie auf, tastete nach dem Licht und setzte sich auf die Bettkante. Stille. Nur das leise Summen und Rauschen der Maschinen und das sanfte Prasseln des Schwefelregens gegen das Fenster. Sie erhob sich langsam und vergewisserte sich, dass sie allein war. Dann rief sie ihren Vater an. Sein verschlafenes Gesicht erschien nach einer gefühlten Ewigkeit auf dem Bildschirm.

„Kassandra?“

„Dad!“, rief sie erleichtert. „Ist alles in Ordnung?“

„Aber ja!“

Verwunderung und Sorge mischten sich in seiner heiseren Stimme.

„Was ist denn los? Warum rufst du an? Es ist mitten in der Nacht!”

Erschrocken blickte sie auf die Zeit: 03:26 Uhr. Yuris Schiff war lange fort.